Durch das Artenschutzrecht sind die besonders geschützten und streng geschützten Arten auch außerhalb von Schutzgebieten geschützt. Bei Eingriffen, die die Europäischen Vogelarten (oder z.B. auch Fledermausarten) betreffen, ist deshalb eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) durchzuführen.
Relevant ist der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG:
"Es ist verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören".
Ob und in welchem Umfang eine Anlage die Verbots-Tatbestände erfüllt oder nicht, ist sehr genau geregelt. So ist z.B. die Frage, ob im Vergleich zur Windenergie-Nutzung andere Gefahrenquellen (z.B. Straßenverkehr, Strommasten, Bejagung) eine deutlich größere Gefahr für die Vogelwelt darstellen, für die Planungen nicht entscheidend.
Zu welchem Zeitpunkt welche Untersuchungen vorgelegt werden müssen, ist gesetzlich geregelt. Grundlage hierfür sind zum einen der Windenergieerlass, Details sind den "Hinweisen" (= LUBW, Hinweise für den Untersuchungsumfang zur Erfassung von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen) zu entnehmen. Die Untersuchungstiefe richtet sich dabei nach der Art des anstehenden Verfahrens.
Die artenschutzrechtlichen Verbote nach § 44 f BNatSchG gelten in der Bauleitplanung nicht unmittelbar, weil erst die Errichtung der Windenergieanlage die verbotsrelevante Handlung darstellt. Auf Ebene der Regionalplanung (= Vorranggebiet) oder der Bauleitplanung (= Teil-Flächennutzungsplan) müssen die Planungsträger deshalb im Sinne einer Prognose vorausschauend ermitteln und beurteilen, ob die vorgesehenen Festlegungen auf unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse treffen würden (vgl. Abschnitt 4.2.5 des Windenergieerlasses).
Die artenschutzrechtlichen Regelungen gelten jedoch auch weiterhin, so dass weder ein Vorranggebiet noch ein Teil-Flächennutzungsplan einen "Freifahrtschein" darstellen.
Am Beispiel des Rotmilans bedeutet das:
Zu jeder der besonders betroffenen Arten gibt es genaue Hinweise, unter welchen Umständen bzw. mit welchen Maßnahmen der § 44 noch "befolgt" werden kann. Ein Beispiel für eine solche Regelung ist die so genannte "Abstandsregelung".
Die Tabelle zeigt eine Übersicht mit den Vogelarten, die aufgrund unserer eigenen Beobachtungen im geplanten VRG "Hohwacht" und der Umgebung vorkommen - und welche Horstabstände zu Windenergieanlagen eingehalten werden müssen. In der Diskussion ist noch die Waldschnepfe (Scolopax rusticola), für die ein Abstand von 500 m empfohlen wird.
Wenn also dort eines Tages ganz konkret eine oder mehrere Anlagen geplant werden sollten, müsste das alles genauestens und mit exakt vorgeschriebenem Verfahren untersucht werden. Werden die dort genannten Abstände zu einem oder mehreren Horsten unterschritten, ist eine Fortführung der Planung nur unter ganz besonderen Voraussetzungen möglich. Dabei steht jedoch der Artenschutz ganz im Mittelpunkt. Näheres hierzu finden Sie z.B. hier:
LUBW-Hinweise für die naturschutzfachliche Einschätzung:
• Untersuchungshinweise: Vögel bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen
• Bewertungshinweise: Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und ...
Nachfolgend sollen die bei der künftig denkbaren Planung von Windenergieanlagen im "Dreiländereck" betroffenen Vogelarten kurz vorgestellt werden. Neben den sogenannten "windkraftsensiblen" Arten gehören hierzu auch alle Arten, die in der aktuellen Roten Liste für Baden-Württemberg unter den Kategorien 0 (= ausgestorben), 1 (= vom Aussterben bedroht) und 2 (= stark gefährdet) gelistet sind. Ebenfalls hinzu kommen solche Arten, die unter 3 (= gefährdet) geführt werden, sofern im Land insgesamt nicht mehr als 300 Brutpaare bekannt sind.
Die im Folgenden gemachten Angaben zum Vorkommen im "Dreiländereck" stammen in erster Linie aus den Zufallsbeobachtungen der Hobby-Ornithologen im NABU - eigene, "belastbare" Bestandserhebungen haben wir jedoch nicht vorgenommen. Sofern andere Quellen verwendet wurden, ist das angegeben.
Baumfalke (Falco subbuteo)
- brütet bevorzugt am Rand alter Kiefernwälder aber
auch in anderen Baumbeständen
- brütet in bereits vorhandenen Nestern von Krähen
oder auch von anderen Greifvögeln
- Langstreckenzieher, im Brutgebiet anwesend
zwischen April und September
- frisst gerne Libellen
Der Baumfalke hat bis 2014 sicher im Randbereich des VRG gebrütet und man kann davon ausgehen, dass er weiterhin hier brütet. Ob und im welchem Umfang aktuell Horste ggf. auch innerhalb der VRG-Flächen vorhanden sind, ist uns nicht bekannt.
Rotmilan (Milvus milvus)
- Nest meist im Randbereich alter (Laub)Wälder aber
auch z.B. in Feldgehölzen
- 1 Jahresbrut, beide Altvögel bauen oder bessern
Nest aus
- Kurzstreckenzieher, im Brutgebiet anwesend
zwischen Februar und Oktober, auch Überwinterer
- Nahrung Mäuse, aber auch Aasfresser
Der Rotmilan ist regelmäßiger Brutvogel in der ganzen Umgebung. Wie viele Brutpaare bzw. aktuell beflogene Horste sich im Bereich des VRG befinden, ist uns nicht bekannt.
Schwarzmilan (Milvus migrans)
- Baumbrüter, oft in Waldrandnähe, aber auch gerne
in Gehölzen in Wassernähe
- 1 Jahresbrut, beide Altvögel bauen Nest
- Langstreckenzieher, im Brutgebiet anwesend
von Mitte März bis August
- vorwiegend Aasfresser
Der Schwarzmilan brütet nachweislich im Raum Trillfingen/ Hart. Ob sich ggf. weitere Horste im direkten Umfeld des VRG befinden, wissen wir nicht.
Schwarzstorch (Ciconia nigra)
- brütet in störungsarmen Komplexen naturnaher
Laub- und Mischwälder mit fischreichen Fließ-
und Stillgewässern, Waldwiesen und Sümpfen
- 1 Jahresbrut, lange Brut- und Nestlingszeit
- Langstreckenzieher, im Brutgebiet anwesend von
April bis Juli
- Nahrung: Kleine Tiere bis Rattengröße in und
außerhalb von Gewässern
Der Schwarzstorch wird seit vielen Jahren in der Gegend beobachtet, er überfliegt sicher regelmäßig das VRG-Gebiet. Ob und ggf. wo vielleicht sogar ein Brutplatz im Zollernalbkreis zu finden ist, wird im Rahmen des Artenschutzprogramms von der LUBW untersucht.
Uhu (Bubo bubo)
- brütet meist in Felswänden, kein Nestbau
- 1 Jahresbrut, nur ♀ brütet
- Standvogel, ganzjährig im Revier - großer
Aktionsradius
- Nahrung alles, was kleiner ist, u.a. Ratten und Igel
aber auch Waldkauz und Wanderfalken
In der weiteren Umgebung gibt es mehrere regelmäßig besetzte Uhu-Brutplätze. Auf der Jagd wird sicherlich auch das VRG beflogen.
Waldschnepfe (Scolopax rusticola)
- Bodenbrüter in ausgedehnten, reich gegliederten
Waldbeständen, gerne in lichten, feuchten Wäldern
- 1-2 Jahresbruten, Nistplatzwahl, Brut und Führen
der Jungen durch das ♀
- Kurzstreckenzieher, im Revier von März bis August
- dämmerungs- und nachtaktiv, großer Aktionsradius
der balzenden ♂ ♂
Die Waldschnepfe kommt regelmäßig im Bereich der nassen Altwälder innerhalb des VRG vor. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund haben die Naturschutzverbände angeregt, eine Teilfläche aus dem VRG auszuklammern.
Wanderfalke (Falco peregrinus)
- bei uns wohl (noch) nur Felsbrüter
- 1 Jahresbrut, starke Nistplatztreue
- Standvogel, ganzjährig im Revier
- jagt vorwiegend Vögel (z.B. Krähen, Tauben) im
Sturzflug
Wanderfalken brüten an mehreren Stellen in der Umgebung. Nachdem uns noch keine Baumbruten bekannt sind, gibt es vermutlich keine Bruten innerhalb des VRG. Besonders die Randbereiche der Wälder werden aber regelmäßig zur Jagd aufgesucht.
Weißstorch (Ciconia ciconia)
- ausschließlich Siedlungsbewohner, Nahrungssuche
meist im Grünland
- 1 Jahresbrut auf Gebäuden, auch Koloniebrüter
- Langstreckenzieher, aber auch Überwinterung in
Südeuropa, im Brutgebiet von März bis August
- Nahrung: kleinere Tiere meist im Grünland, z.B.
Mäuse und Heuschrecken
Im Jahr 2017 hat der Weißstorch wieder einen neuen Horst auf seinem bis 1942 besetzten, letzten Brutplatz im Zollernalbkreis, dem Kirchturm von Hechingen Weilheim gebaut und das Brüten begonnen. Man kann auf die weitere Entwicklung gespannt sein.
Wespenbussard (Pernis apivorus)
- Brut meist in Altholzbeständen, Nest am Stamm oder
in der Krone
- 1 Jahresbrut, beide Altvögel bauen
- Langstreckenzieher, im Brutgebiet von Mai bis August
- gräbt Erd-Nester von Wespen und Hummeln aus
Vom sehr heimlich lebenden Wespenbussard liegen regelmäßige Beobachtungen auch innerhalb der Brutzeit vor, so dass davon ausgegangen werden kann, dass er auch innerhalb des VRG-Gebiets brütet. Mehr ist uns jedoch nicht bekannt.
Waldlaubsänger (Phylloscopus sibilatrix)
- Bodenbrüter im Inneren älterer Wälder mit
geschlossenem Kronendach, gerne "Naturwälder"
- meist 1 Jahresbrut, meist zwei Reviere
- Langstreckenzieher, im Brutgebiet von Mai bis Juli
Der Waldlaubsänger gehört nicht zu den "windkraftsensiblen" Arten, als Rote Liste 2-Art (= stark gefährdet) gilt ihm jedoch besondere Aufmerksamkeit. Im Rahmen des Alt- und Totholzkonzepts der Landesregierung sollen seine Lebensbedingungen verbessert werden. Seit vielen Jahren wird er zwar regelmäßig in den Altholzbereichen innerhalb des VRG-Gebiets festgstellt, seit einiger Zeit jedoch weitaus seltener als früher.
Die Stadt hat im Zeitraum Juni 2017 bis September 2018 die windkraftempfindlichen Arten auf Ebene des Teilflächennutzungsplans zur Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen im Bereich Stettener Wald / Hohe Wacht untersuchen lassen.
Nun liegt das Ergebnis vor und der artenschutzrechtliche Fachbeitrag über die lokale Vogelwelt mit Anhang, jeweils in der Fassung vom 09.11.2018 des Büros Gfrörers, kann nun hier von der Seite der Stadt Haigerloch heruntergeladen werden.